Parteistellung und Kumulation im Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs 7 UVP-G 2000

Mit Erkenntnis vom 17. November 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über die Beschwerde gegen einen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben der Errichtung eines Stallgebäudes für 1250 Mastschweine, 208 Zuchtsauen und 840 Ferkel keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Das BVwG hat die Beschwerde abgewiesen und sich ausführlich mit den relevanten rechtlichen Fragestellungen befasst.

Zunächst hat das Gericht klargestellt, dass anerkannte Umweltorganisationen und Nachbarn berechtigt sind, gegen die Feststellung der Behörde, wonach keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Beschwerde an das BVwG zu erheben. Als Nachbarschaft im Sinne des § 19 UVP-G 2000 ist jener räumliche Bereich definiert, in dem zum Zeitpunkt der Genehmigung des Vorhabens der Eintritt nachteiliger Einwirkungen nicht ausgeschlossen werden kann. Es ist daher nicht rechtskonform, die Nachbareigenschaft aufgrund von Gutachten, die im Rahmen der Grobprüfung bezüglich des räumlichen Zusammenhangs und der Kumulationswirkung einen engen Immissionsradius ansetzen, zu verneinen. Vielmehr muss den Eigentümern der Liegenschaften, die im Nahbereich des geplanten Vorhabens gelegen sind, im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes die Möglichkeit eingeräumt werden, dem behördlich erstatteten Gutachten auf fachlicher Ebene entgegenzutreten.

In weiterer Folge wurde festgestellt, dass das gegenständliche Vorhaben nicht die einschlägigen Schwellenwerte des Anhangs 1 überschreitet und daher im Einzelfall festzustellen war, ob aufgrund der Kumulierung mit Auswirkungen anderer Vorhaben mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Umweltauswirkungen zu rechnen ist. Das BVwG führt in diesem Zusammenhang aus, dass eine Kumulierung ausschließlich bei Projekten des gleichen Vorhabenstyps (gleiche Ziffer oder litera in Anhang 1) in Betracht kommt. Im vorliegenden Erkenntnis verweist das Gericht auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 15.12.2009, 2009/05/0303. Der Verwaltungsgerichtshof stellt jedoch lediglich auf die Gleichartigkeit der Vorhaben, nicht aber auf den gleichen Vorhabenstyp des Anhangs 1 des UVP-G 2000 ab. Die Ausführungen des BVwG stehen im Widerspruch zur in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht, wonach eine Kumulation auch bei Projekten unterschiedlicher Vorhabenstypen möglich ist, sofern sie mit vergleichbaren Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sind. Dieser Interpretationsvariante folgte zudem der Umweltsenat in mehreren Entscheidungen (zB US 13.10.2008, 6A/2007/16-24 „Krimml/Wald II“; US 26.01.2004, 9A/2003/19-30 „Maishofen“). Eine Kumulierung von Auswirkungen ist darüber hinaus nur unter der Voraussetzung denkbar, dass ein räumlicher Zusammenhang zwischen den Vorhaben besteht – sich die Immissionen also tatsächlich überlagern. Mangels eines solchen räumlichen Zusammenhangs war im vorliegenden Fall keine Einzelfallprüfung durchzuführen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführer wonach lediglich für den Mastschweinestall, nicht aber für den Zuchtsauenstall eine dreistufige Abluftreinigungsanlage vorgesehen werde, führte das Gericht aus, dass Prüfgegenstand des Verfahrens das antragsgegenständliche Projekt ist. Zu dem Vorwurf der mangelnden Verwirklichungsabsicht des eingereichten Projekts hält das BVwG fest, dass prinzipiell von der projektkonformen Ausführung des Vorhabens durch die Antragsteller auszugehen ist.   

(BVwG 17.11.2017, W143 2174020-1/5E)