So stellen wir in dieser Ausgabe eine Entscheidung vor, in der sich der OGH mit der Frage befasst, ob ein Arzt bei zwei alternativen Behandlungsmethoden verpflichtet ist, über die Vor- und Nachteile zwischen den Behandlungsmethoden aufzuklären. Weiters erörtern wir auch die höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage, ob das Verschweigen von Innenprovisionen den Anlageberater schadenersatzpflichtig macht und – falls ja – unter welchen Voraussetzungen.
Im Bereich des Arbeitsrechts präsentieren wir unter anderem ein Judikat des Höchstgerichts, in der dieser die Frage erörtert, ob eine Kündigung wegen häufigen Telefonierens während der Dienstzeit zulässig ist.
ZIVILRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN
- Ärztliche Aufklärung über verschiedene Behandlungsmethoden setzt eine echte Wahlmöglichkeit des Patienten voraus
OGH vom 28.3.2017, 8 Ob 27/17d - Anlageberaterhaftung - Verschweigen von Innenprovisionen
OGH vom 27.4.2017, 2 Ob 99/16x - Mögliches Mitverschulden einer fahrzeuglenkerin wegen Fahrens unter Medikamenteneinfluss
OGH vom 20.6.2017, 2 Ob 117/16v - Erklärungsfiktion zulasten von Verbrauchern
OGH vom 14.6.2017, 7 Ob 52/17y
ARBEITSRECHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN
- Häufige Privattelefonate vor Kunden - personenbedingte Kündigung
OLG Wien vom 22.3.2017, 9 Ra 11/17d - Überhöhte Krankenstände als Kündiungsgrund - keine Sozialwidrigkeit
OLG Wien vom 19.12.2016, 9 Ra 144/16m - Zu erwartende Arbeitslosigkeit von maximal neun Monaten - keine Sozialwidrigkeit
OLG Wien vom 25.1.2017, 10 Ra 131/16g - Maßnahmen ohne Schikaneabsicht - kein Mobbing
OGH vom 24.3.2017, 9 ObA 32/17x - Kündigung wegen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach Betriebsübergang
OGH vom 24.3.2017, 9 ObA 25/17t
H I N W E I S
Dieser Newsletter beinhaltet lediglich Kurzzusammenfassungen, die keinen Anspruch auf inhaltliche Vollständigkeit erheben. Dieser Newsletter dient als Serviceleistung und generelle Information über aktuelle höchstgerichtliche Entscheidungen. Dieser Newsletter ersetzt weder die eigenständige Lektüre der zitierten Entscheidungen noch eine individuelle Rechtsberatung. Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH haftet weder für Fehler im Newsletter noch für nachteilige und/oder unrichtige Schlüsse, die aus seinem Inhalt gezogen werden.
I. Z I V I L R E C H T L I C H E E N T S C H E I D U N G E N
1. Ärztliche Aufklärung über verschiedene Behandlungsmethoden setzt eine echte Wahlmöglichkeit des Patienten voraus
OGH 28.3.2017, 8 Ob 27/17d
Themenschwerpunkt: Aufklärungspflichten der Ärzte
Im Hinblick darauf, dass somit eine echte Wahlmöglichkeit zwischen den Behandlungen nicht bestand und die Klägerin bereits zuvor ihren Operationswunsch gegenüber dem Arzt äußerte, wies auch der OGH die Klage letztinstanzlich zurück.
2. Anlageberaterhaftung - Verschweigen von Innenprovisionen
OGH 27.4.2017, 2 Ob 99/16x
Themenschwerpunkt: Anlegerberatungshaftung, Aufklärungspflicht Provisionen
3. Mögliches Mitverschulden einer Fahrzeuglenkerin wegen Fahrens unter Medikamenteneinfluss
OGH 20.6.2017, 2 Ob 117/16v
Themenschwerpunkt: Schadenersatz, Mitverschulden
Das vorliegende Judikat setzt sich mit der Frage des Mitverschuldens aufgrund von Medikamenteneinnahme und deren beeinträchtigender Wirkung auf einen Fahrzeuglenker auseinander.
4. Erklärungsfiktion zulasten von Verbrauchern
OGH 14.6.2017, 7 Ob 52/17y
Themenschwerpunkt: Verbraucherrecht, AGB-Recht, Erklärungsfiktion
Beklagte Partei ist eine österreichische Versicherungsgesellschaft. Ihren abgeschlossenen Unfallversicherungen legte die Beklagte ihre Allgemeinen Bedingungen für die Unfallvorsorge zugrunde. Darin war eine Klausel enthalten, wonach sich der Vertrag jeweils um ein Jahr verlängert, wenn die vereinbarte Versicherungsdauer mindestens ein Jahr beträgt und nicht ein Monat vor Ablauf gekündigt wird.
Der Kläger klagte diesbezüglich die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel in Versicherungsverträgen mit Verbrauchern. Er beruft sich darauf, dass diese Klausel gegen die §§ 6 Abs 1 Z 2 und 6 Abs 3 KSchG verstoßen würden. Nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG sind Klauseln, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als (Nicht-) Abgabe einer Erklärung gilt, jedenfalls unverbindlich, es sei denn, der Verbraucher wird bei Beginn der hierfür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen und hat zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in ABG oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unverständlich abgefasst ist.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren des Klägers zur Gänze statt. Nach Ansicht des Erstgerichts muss die Vereinbarung einer Erklärungsfiktion, damit diese als zulässig und mit dem KSchG als vereinbar anzusehen ist, folgende Voraussetzungen erfüllen: Zum einen muss der Vertrag eine Frist für die Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung vorsehen. Zum anderen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher zu Beginn der Frist auf die Bedeutung seines jeweiligen Verhaltens gesondert hinzuweisen.In diesem Fall wurde der Verbraucher zu Beginn der Frist vom Unternehmer nicht auf die Bedeutung seines Verhaltens hingewiesen und ist daher die Klausel gemäß § 6 Abs 1 Z 2 KSchG unwirksam.
Das Berufungsgericht schloss sich der Meinung des Erstgerichts an und bestätigte dessen Urteil. Demnach enthält die besagte Klausel zwar die Möglichkeit eines Widerspruchs in Form der Kündigung, jedoch sieht sie keine Verpflichtung des Unternehmers vor, bei Beginn der einmonatigen Kündigungsfrist den Verbraucher über sein Recht auf Kündigung gesondert zu informieren. Auch über die Bedeutung von Schweigen wird keine Auskunft gegeben.
Gegen dieses Urteil brachte die Beklagte Revision beim OGH ein. Inhalt des Revisionsbegehrens war die Frage, ob die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht in die gegenständliche Klausel aufzunehmen ist. Diesbezüglich hielt der OGH fest, dass in Judikatur und Lehre die Ansicht vertreten wird, dass sich der Unternehmer bereits in einer AGB-Klausel dazu bekennen muss, bei Beginn der Widerspruchsfrist den Verbraucher auf die Bedeutung eines allfälligen Schweigens hinzuweisen. Demnach ist die gegenständliche Klausel unwirksam, da sie nicht die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG verankerte Hinweispflicht enthält. Außerdem verstößt sie auch gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG. Dies deshalb, weil der Verbraucher ohne Aufnahme der Hinweispflicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, zumal er beim Lesen der Klausel meinen könnte, den Kündigungszeitpunkt bereits versäumt zu haben.
II. A R B E I T S R E C H T L I C H E E N T S C H E I D U N G E N
1. Häufige Privattelefonate vor Kunden - personenbedingte Kündigung
OLG Wien 22.3.2017, 9 Ra 11/17d
Themenschwerpunkt: Kündigung, Sozialwidrigkeit
Dieses Judikat setzt sich mit der Frage auseinander, ob häufiges privates Telefonieren betriebliche Interessen nachteilig berühren und eine Kündigung des Arbeitnehmers aus diesem Grund zulässig ist.
Die Klägerin war bei einer Interessensvertretung in der Erstinformation an einem Schalter mit direktem Kundenkontakt tätig. Die private Nutzung von Telekommunikationsmitteln war nur für notwendige Telefonate mit dem Ehepartner oder den Kindern im Ausmaß von etwa ein bis zwei kurzen Gesprächen pro Arbeitstag erlaubt. Grundsätzlich galt, dass ein sichtbares Nutzen des Telefons vor Kunden während der Arbeitszeit am Schalter untersagt war.
Die Klägerin kam dem mehrmaligen Ermahnen durch ihren Vorgesetzten, die private Nutzung von Telekommunikationsdiensten zu unterlassen, nicht nach. Die private Nutzung während der Arbeitszeit führte sogar zu mehrmaligem Nichtabheben des Diensttelefons, lautstarken Privatgesprächen, fehlerhaften Terminbuchungen und einer generellen Belastung der Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern. Hinzu kam, dass die Klägerin einem Dritten ermöglichte, bei Kundengesprächen mitzuhören, was gegen die zu Beginn des Dienstverhältnisses ausdrücklich vereinbarte Wahrung des Datengeheimnisses verstieß.
Die Klägerin hat die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit angefochten.
Das OLG hielt in seiner Entscheidung fest, dass aufgrund des Kündigungsschutzes bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Kündigung eine Interessensabwägung vorgenommen werden muss, wenn durch die Kündigung wesentliche Interessen des gekündigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind und andererseits in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände betriebliche Interessen nachteilig berühren. Im Zuge dessen erwog das OLG bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit Folgendes: Die Klägerin hätte nach Wiedererlangen ihres Arbeitsplatzes eine spürbare Einkommensverschlechterung hinnehmen müssen und sie träfen Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder. Dem stand gegenüber, dass die Klägerin nach dem Ausspruch der Kündigung aufgrund ihres 33. Lebensjahres nicht von einer längerfristigen Arbeitslosigkeit betroffen wäre und ihr Fehlverhalten in der Arbeitszeit einen wesentlichen Verstoß gegen ihre Dienstpflichten darstellte.
Ausgehend von dieser Interessensabwägung kam das OLG zum Ergebnis, dass die Interessensabwägung zu Gunsten des Arbeitgebers ausfällt, sodass die Kündigung für zulässig und somit rechtswirksam zu erklären war.
2. Überhöhte Krankenstände als Kündigungsgrund - keine Sozialwidrigkeit
OLG Wien 19.12.2016, 9 Ra 144/16m
Themenschwerpunkt: Kündigung wegen Sozialwidrigkeit iZm Krankenstände
In dieser Entscheidung des OLG Wien begehrte die Klägerin die Unwirksamerklärung ihrer Kündigung aufgrund von Sozialwidrigkeit.
Zuvor wurde das Dienstverhältnis der Klägerin nach rund 23-jähriger Dienstzeit im Jahr 2015 von Seiten des Arbeitsgebers gekündigt. Die Kündigung wurde damit begründet, dass die Klägerin im Zeitraum von 2008 bis 2015 an insgesamt 736 Tagen durch Krankenstände oder Arztbesuche arbeitsunfähig war.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und kam zum Ergebnis, dass die Kündigung durch personenbezogene Gründe gerechtfertigt sei.
Auch das Berufungsgericht schloss sich der Ansicht des Erstgerichts an. Das Berufungsgericht führte diesbezüglich Folgendes aus: Kommen demnach überhöhte Krankenstände als Kündigungsrechtfertigungsgrund in Betracht, so ist es die Pflicht des Arbeitsgebers eine entsprechende Zukunftsprognose über die weitere Arbeitsfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers zu erstellen. Dabei ist darauf abzustellen, ob ein verständiger und sorgfältiger Arbeitgeber bei objektiver Betrachtung berechtigterweise davon ausgehen kann, dass beim Arbeitnehmer auch in Zukunft mit Krankenständen in erhöhtem Ausmaß zu rechnen ist. Im vorliegenden Fall waren die Krankenstände der Klägerin nicht das Resultat eines speziellen Grundleidens, sondern übliche Erkrankungen wie Verkühlung und Folgen von Sportverletzungen. Der Arbeitgeber durfte davon ausgehen, dass diese über Jahre hinweg häufig auftretenden Krankenstände auch in Zukunft anhalten werden, auch wenn sie gerade nicht auf ein spezielles Grundleiden der Klägerin zurückzuführen sind. Die Kündigung war aufgrund wiederholter, lang andauernder Krankenstände trotz Fehlens eines Grundleidens daher gerechtfertigt.
3. Zu erwartende Arbeitslosigkeit von maximal neun Monaten – keine Sozialwidrigkeit
OLG Wien 25.1.2017, 10 Ra 131/16g
Themenschwerpunkt: §105 Abs3 Z2 ArbVG, Sozialwidrigkeit
In der vorliegenden Entscheidung befasst sich das OLG mit der Frage der Sozialwidrigkeit bei einer zu erwartenden Arbeitslosigkeit von maximal neun Monaten.
Die klagende Partei behauptet die Unzulässigkeit der Kündigung seitens des Arbeitgebers mit der Begründung der Sozialwidrigkeit aufgrund der schlechten Chancen, die er am Arbeitsmarkt habe. Das Erstgericht teilte diese Ansicht nicht und wies die Klage ab.
Der Kläger bringt in seiner Berufung vor, dass er eine voraussichtliche Arbeitslosigkeit für einen Zeitraum von drei bis acht Monaten als gerade noch zumutbar erachte, bei ihm jedoch dieser Zeitraum bis zu neun Monaten betragen werde. Da ihn dazu noch eine Sorgepflicht für einen siebenjährigen Sohn träfe und der vorübergehende Einkommensverlust in Höhe von bis zu 15% betragen werde, läge eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung vor und somit eine sozial ungerechtfertigte Kündigung.
Auch das OLG Wien weist, in zweiter Instanz, die Kündigungsanfechtungsklage mit folgender Begründung ab:
Die Judikatur geht bei der Arbeitssuche üblicherweise von einem Zeitraum von drei bis acht Monaten aus. Auch wenn der vom Kläger zu erwartende Zeitraum der Arbeitslosigkeit drei bis neun Monate beträgt und somit den von der Judikatur angenommenen durchschnittlichen Rahmen geringfügig übersteigt, betont das Gericht, dass es sich bei den laut Gutachten festgestellten neun Monaten lediglich um eine Obergrenze handelt. Die durchschnittlich zu erwartende Arbeitslosigkeit beträgt laut dem Sachverständigen lediglich sechs Monate. Im vorliegenden Fall sei deshalb noch von keiner wesentlichen Interessenbeeinträchtigung auszugehen.
Außerdem stellt das OLG fest, dass unter Berücksichtigung sämtlicher wirtschaftlichen und sozialen Umstände für die klagende Partei, trotz seiner Sorgfaltspflicht, keine erheblichen sozialen Nachteile entstehen, die über jene Interessenbeeinträchtigung hinausgehen, die bei jeder Kündigung entsteht. Dieses Ergebnis kommt in Anbetracht der nicht übermäßig langen Beschäftigungsdauer von sieben Jahren, des verhältnismäßig jungen Alters der klagenden Partei von 38 Jahren zum Zeitpunkt der Kündigung und der zu erwartenden Einkommenseinbuße von lediglich bis zu 15% zustande. Anzumerken sei dabei, dass die Judikatur erst bei Einkommenseinbußen ab 20% von einem Hinweis auf gewichtige soziale Nachteile ausgeht. Das OLG qualifiziert die Kündigung somit als nicht sozialwidrig.
4. Maßnahmen ohne Schikaneabsicht - kein Mobbing
OGH 24.3.2017, 9 ObA 32/17x
Themenschwerpunkt: § 1157 ABGB, Mobbing
Unter Mobbing wird grundsätzlich eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter KollegInnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.
Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz als Mobbing anzusehen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Im vorliegenden Fall kam der OGH zum Ergebnis, dass die gegen den Kläger gerichteten Maßnahmen nicht dazu gedacht waren, diesen zu diskriminieren oder zu schikanieren. Auch aus den einzelnen Vorfällen hat sich kein nach den Gesamtumständen unsachliches Vorgehen des Arbeitgebers ergeben. Dem Arbeitsgeber konnte daher keine Schikaneabsicht nachgewiesen werden. Die Vorinstanzen haben demnach bereits kein Schadenersatzanspruch begründendes Verschulden des Arbeitgebers feststellen können. Dieser Ansicht schloss sich somit auch das Höchstgericht an.
5. Kündigung wegen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach Betriebsübergang
OGH 24.3.2017, 9 ObA 25/17t
Themenschwerpunkt: Kündigung, Betriebsübergang
In der vorliegenden Entscheidung setzt sich der OGH mit der Frage auseinander, ob die Kündigung der Klägerin wegen des Betriebsüberganges erfolgte oder auf andere Umstände, insbesondere auf persönliche Motive des Arbeitsnehmers, zurückzuführen war.
Vorausgehend stellte das Erstgericht fest, dass die Klägerin ihr Dienstverhältnis bei der Beklagten ursprünglich bis zu ihrem 61. Geburtstag aufrechterhalten wollte. Auf dieses Dienstverhältnis war der Zusatz Kollektivvertrag „Einsparungspaket“ anzuwenden. Ein bevorstehender Betriebsübergang und die damit verbundenen Verschlechterungen der Arbeits- und Entgeltbedingungen veranlassten die Klägerin jedoch zu einer vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses und der Inanspruchnahme der ASVG-Pension. Die Klägerin machte somit von der Möglichkeit der privilegierten Dienstnehmerkündigung gemäß § 3 Abs 5 AVRAG Gebrauch. In weiterer Folge bezahlte die Beklagte der Klägerin die um den Krisenbeitrag gekürzte Abfertigung. Diese begehrte danach die Differenz zu jenem Abfertigungsbetrag, welcher sich ohne Berücksichtigung der kollektivvertraglichen Entgeltreduktion ergeben würde. Aufgrund der Kündigung gemäß § 3 Abs 5 AVRAG würden ihr alle Beendigungsansprüche wie bei einer objektiv betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung zustehen. Die Beklagte habe jedoch einen Krisenbeitrag vom Bruttogehalt abgezogen. Gegenstand der Klage ist also der Anspruch auf die Differenz zu jenem Abfertigungsbetrag, der sich ohne Berücksichtigung der kollektivvertraglichen Entgeltreduktion ergeben würde.
Die Beklagte unterstellte der Klägerin hingegen als Kündigungsmotiv die Inanspruchnahme der gesetzlichen Alterspension. Die Klägerin habe selbst entschieden, ihr Dienstverhältnis zu kündigen, und sei eine objektiv betriebsbedingte Kündigung im Sinne des Zusatz-KV daher nicht gegeben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin Anspruch auf eine Abfertigung ohne Abzug des Krisenbeitrags habe. Auch das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine Folge. Die privilegierte Dienstnehmerkündigung nach § 3 Abs 5 AVRAG sei dem Arbeitgeber zuzurechnen.
Der in weiterer Folge mit dieser Rechtssache befasste OGH folgte – übereinstimmend mit den Entscheidungen der Vorinstanzen - der Ansicht, dass die Kündigung der Klägerin objektiv betriebsbedingt erfolgt ist, auch wenn sie in ihrem Kündigungsschreiben nicht auf die zukünftigen Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen hingewiesen hat.
Für Rückfragen steht Ihnen das Litigation-Team von Jarolim Flitsch jederzeit gerne zur Verfügung.
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