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Causa Heumarkt – der EuGH zum Städtebauvorhabentatbestand

Mag. Thomas Ukowitz

Ausgangspunkt der Entscheidung ist der seit Jahren schwelende Rechtsstreit, der bereits mehrere Behörden und Instanzen beschäftigte und sich im Kern darum dreht, ob das nahe des Unesco-Weltkulturerbes Historisches Zentrum von Wien situierte Vorhaben Heumarkt Neu der UVP-Pflicht unterliegt. Nach den Bestimmungen des UVP-G (idF vor der UVP-G Novelle 2023), in concreto dem einschlägigen Städtebauvorhabentatbestand, wäre dies nicht der Fall, da die darin normierten Schwellenwerte unterschritten werden. Beim vorlegenden Gericht sind jedoch Zweifel ob der Unionsrechtskonformität der österreichischen Regelung entstanden, weshalb es sich mit einer Reihe von Fragen an den EuGH wandte. Der Gerichtshof stellte klar, dass ein Mitgliedstaat, wenn er Schwellenwerte für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung anwendet, Gesichtspunkten wie dem Standort der Projekte, Rechnung tragen muss. Im konkreten Fall sei dies von besonderer Bedeutung, so der EuGH weiter, da sich das Vorhaben im Kerngebiet einer Unesco-Welterbestätte befinde.
Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass das Unionsrecht Schwellenwerten entgegensteht, die so hoch angesetzt sind, dass in der Praxis (nahezu) alle Projekte einer bestimmten Art von vornherein der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entzogen sind. In einem städtischen Umfeld, in dem der Raum begrenzt ist, seien die Schwellenwerte nach der österreichischen Regelung im Ausmaß einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 15 ha und einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 150.000 m² nach Ansicht des EuGH gerade so hoch, dass in der Praxis die Mehrheit der Städtebauprojekte von vornherein von der UVP-Pflicht ausgenommen ist.
Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichthof zu dem Schluss, dass die österreichische Regelung im Widerspruch zum Unionsrecht stehe.1
Die Projektwerberin strebt Klarheit an und will laut Medienberichten nun einen Antrag auf Feststellung, ob das gegenständliche Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt, stellen. Ein Ende des an bereits einigen Wendungen reichen Verfahrens ist damit aber noch lange nicht in Sicht.
EuGH C‑575/21, WertInvest Hotelbetrieb, ECLI:EU:C:2023:425

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