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Mag. Thomas Ukowitz

Am 16.04.2024 wurde die Novelle des Wiener Baumschutzgesetzes kundgemacht. Ziel der Novelle ist eine Nachschärfung der Treffsicherheit des Gesetzes vor allem im Sinne des Klimaschutzes. Die wesentlichen Neuerungen sind:

  • In Form einer taxativen Aufzählung wird nunmehr klargestellt, was unter „Obstbäumen“ zu verstehen ist (§ 1 Abs 2 Z 3). Nicht gelistet und somit geschützt sind ua der schwarze Holunder und der Maulbeerbaum.

  • Bewilligungen werden nur mehr befristet erteilt. Wird die bewilligte Baumentfernung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides durchgeführt, erlischt die erteilte Bewilligung (§ 5 Abs 6). Dadurch soll der bisher gängigen Praxis, sich Baumentfernungen auf Vorrat bewilligen zu lassen, ein Riegel vorgeschoben werden.

  • Durch mehrere Maßnahmen soll die Effektivität von Ersatzpflanzungen erhöht werden. Fortan sind größere Ersatzbäume – im Regelfall ein mittel- bis großkroniger Ersatzbaum mit einem Stammumfang von 16 - 18 cm, anstatt eines Ersatzbaumes mit bloß 8 - 15 cm Stammumfang – zu pflanzen (§ 6 Abs 2). Der Radius für mögliche Ersatzpflanzungen wird überdies auf den gesamten Bezirk erweitert (§ 6 Abs 3). Zudem können begleitende Maßnahmen vorgeschrieben werden (§ 6 Abs 4).

  • Der Einheitssatz, nach dem sich die Ausgleichsabgabe berechnet, ist auf EURO 5.000,00 erhöht worden (§ 9 Abs 3). Im Vergleich zu bisher bedeutet dies nahezu eine Verfünffachung.

  • Die Stoßrichtung der Novelle spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Erhöhung der Verwaltungsstrafen bei Verstößen und die Hemmung der Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung wider (§ 13).

  • Das novellierte Wiener Baumschutzgesetz ist (mit Ausnahme der Strafbestimmungen) rückwirkend mit 15.01.2024 in Kraft getreten ist. Seit Inkrafttreten der Novelle sind die neuen Bestimmungen auf anhängige Verfahren anzuwenden.

Zusammengefasst führt die Novelle einerseits zu empfindlichen Verschärfungen (größere Ersatzbäume, höhere Ausgleichsabgabe), andererseits schafft sie auch mehr Flexibilität bei den Ersatzpflanzungen. Willkommen ist auch die nun klare Obstbaumdefinition, die bisherige Unklarheiten ausräumt.

Wiener Baumschutzgesetz

Mag. Georg Schwarzmann

Zum wiederholten Mal hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der geplanten dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat zu befassen. Diesmal stand die beantragte und von der Behörde genehmigte Verlängerung der Umsetzungsfristen zur Diskussion.

Nach § 17 Abs 6 UVP-G kommt der Behörde die Befugnis zu, die Genehmigung des UVP-pflichtigen Vorhabens mit einer Umsetzungsfrist zu verknüpfen. Eine solche ist insbesondere dann zu verfügen, wenn das Zuwarten mit der Projektverwirklichung oder eine unverhältnismäßig lange Bauphase im Licht der Zielsetzungen des Gesetzes als nachteilig zu beurteilen wäre. Ebenfalls in § 17 Abs 6 UVP-G wird normiert, dass wichtige Gründe eine Verlängerung der gesetzten Frist erlauben.

Nachdem die im Rahmen der Bewilligung festgesetzten Fristen – gestaffelt nach der jeweiligen Ausbaustufe – am 31.12.2023, 2024 und 2029 geendet hätten, wurde vom Konsensinhaber rechtzeitig ein Antrag auf Verlängerung dieser Fristen eingebracht. Begründend wurde die geänderte Situation im Luftverkehr aufgrund der COVID-Pandemie aber auch die lange gerichtliche Verfahrensdauer ins Treffen geführt.

Die von der Behörde daraufhin gewährte Erstreckung der Umsetzungsfristen um 9,5 Jahre wurde vom BVwG als überschießend beurteilt. Aufgrund der festgestellten Umsetzungsdauer von 6,25 Jahren, ist nach Ansicht des BVwG eine Fristerstreckung um 6,5 Jahre angemessen. Die mit der COVID-Pandemie einhergehenden Entwicklungen stellen demnach einen wichtigen Grund im Sinne des UVP-G dar, der eine Fristerstreckung rechtfertigt.

Sofern die Beschwerdeführer argumentierten, dass die Genehmigung auf Vorrat eingeholt worden und eine fristgerechte Umsetzung niemals geplant gewesen sei, führt das BVwG aus, dass der Problematik der Bevorratung mittels objektiver Kriterien begegnet wird. Eine Verlängerung der Umsetzungsfristen kommt demnach nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Wenn die Beschwerdeführer weiter vorbringen, dass das Vorhaben nicht mehr genehmigungsfähig sei, da die öffentlichen Interessen an der Nichtdurchführung des Vorhabens überwiegen würden, verweist das Gericht auf die ursprünglich erteilte Genehmigung. Eine nochmalige vollständige Prüfung und Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Fristverlängerungsverfahren nach § 17 Abs 6 UVP-G, lasse sich aus der Judikatur des VwGH nicht ableiten.

Das BVwG hat die Erhebung einer Revision aufgrund fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einzelnen Rechtsfragen ausdrücklich zugelassen, sodass von einer Befassung des Gerichtshofs auszugehen ist.

(BVwG 08.05.2024, W109 2274852-1/53E)

Mag.ᵃ Domnica Zamfirescu

Nach eingehender Prüfung fasste die Wiener Landesregierung am 14. Mai 2024 den Beschluss, dass das Vorhaben „Seilbahn Kahlenberg“ keiner Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden UVP) zu unterziehen ist, obwohl das UVP-G seit der letzten Novelle einen Seilbahntatbestand vorsieht.

Die juristisch spannendste Frage, mit der sich die Behörde zu befassen hatte, war die Beurteilung der Unionsrechtskonformität der einschlägigen Übergangsbestimmung. § 46 Abs 29 Z 4 UVP-G 2000 normiert, dass die neuen Tatbestände für Projekte, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle, also vor dem 23. März 2023, bereits ein Verwaltungsverfahren anhängig ist, nicht anzuwenden sind. Die Behörde stellte fest, die Projektwerberin habe am 25. April 2016 (im seilbahnrechtlichen Konzessionsverfahren – ein bereits rechtskräftig abgeschlossen und daher wohl nicht mehr anhängiges Verfahren) sowie am 22. März 2023 (im Rodungsverfahren – genau ein Tag vor In-Kraft-Treten der Novelle) beim BMK jeweils einen Antrag gestellt, worauf das BMK ein Feststellungsverfahren eingeleitet hat. Aus diesem Grund sei der neue Seilbahntatbestand des Anhangs 1 Z 10 lit i UVP-G 2000 nicht anwendbar gewesen.

Mag. Katharina Kuenburg

Der OGH hat sich mittlerweile in zahlreichen Individual- und Verbandsprozessen mit der Klauselkontrolle bei Wohnungsmietverträgen befasst.

Im Verbandsprozess zu GZ 8Ob6/24a vom 22.03.2024 wurde unter anderem eine AGB-Klausel für Wohnungsmietverträge im MRG-Teilanwendungsbereich, wonach der Mieter zur Reparatur und Rückstellung von Elektrogeräten wie E-Herd, Geschirrspüler und Kühlschrank in funktionsfähigem Zustand verpflichtet wurde, als unwirksam qualifiziert.

In seiner Entscheidung hat der OGH eine generelle Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, ohne dafür ein entsprechendes Äquivalent zu gewähren, als sachlich nicht gerechtfertigte Abweichung vom dispositiven Recht (§ 1096 ABGB, §§ 3 und 8 MRG) gewertet und als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und daher nichtig angesehen.

Es gibt zwar durchaus Rechtsprechung, wonach eine teilweise Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter zulässig ist, solange nicht der Kernbereich der Erhaltungspflichten des Vermieters betroffen oder die Gesundheit gefährdet ist, aber auch hier gilt der Grundsatz, dass jedes Abweichen von dispositivem Recht im Rahmen der Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.

Sohin ist auch eine teilweise Überwälzung der Erhaltungspflicht auf den Mieter im MRG-Teilanwendungsbereich gemäß § 879 Abs 3 ABGB wegen gröblicher Benachteiligung unwirksam, wenn eine sachliche Rechtfertigung (etwa durch Anrechnung auf den Mietzins) fehlt.

Mag.ᵃ Domnica Zamfirescu

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 9. April 2024 in einem bahnbrechenden Urteil zugunsten des Vereins "KlimaSeniorinnen Schweiz" entschieden. Zum ersten Mal erkannte das Gericht den Klimawandel als Menschenrechtsproblem an. Beachtlich war auch die positive Entscheidung der Zulässigkeit der Vereinsklage. Zwei weitere Klimaklagen gegen Frankreich und mehrere europäische Staaten wurden jedoch als unzulässig zurückgewiesen.

Vier ältere Frauen und der Verein „KlimaSeniorinnen Schweiz“ klagten gegen die Schweiz. Sie argumentierten, dass die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Schweiz ihre Grundrechte auf Leben (Art 2 EMRK) und Privatleben (Art 8 EMRK) gefährden. Aufgrund der Erderwärmung fühlten sich die Klägerinnen in ihrer Gesundheit und ihren Lebensbedingungen bedroht. Weiters machten sie eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art 6 und Art 13 EMRK) geltend.

Das Gericht erkannte, dass der Schutz vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels in den Aufgabenbereich der Staaten fällt. Staaten müssen Regelungen erlassen und umsetzen, um den Klimawandel zu mindern und die Rechte ihrer Bürger zu schützen (Zielzeitplan für Klimaneutralität und CO2-Budget, Treibhausgasreduktionsziele, Einhaltung der Ziele, Zugang zu Informationen und Rechtschutz). Die Schweiz sei diesen Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen und habe daher ihren Ermessensspielraum überschritten. Das Urteil betonte auch die Bedeutung des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Schweizer Gerichte hätten sich nicht ernsthaft mit der Klage des Vereins befasst und damit das Recht auf Zugang zu einem Gericht verletzt.

Nach Art 46 EMRK bindet das EGMR-Urteil die beklagte Schweiz, welche die Verletzung einzustellen hat und notwendige Maßnahmen setzen muss, wobei ihr dafür ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wurde. Weiters konkretisiert der EGMR mit seinem Urteil in allgemeiner Geltung den Gehalt der EMRK-Grundrechte, die in Österreich im Verfassungsrang stehen - insbesondere des Rechtes auf Privatleben sowie des Rechtes auf ein faires Verfahren. Die EMRK ist außerdem die wesentliche Grundlage für die Auslegung der EU-Grundrechtecharta und bindet auch den Unionsgesetzgeber (vgl Art 52 Abs 3 GRC).

Mag. Thomas Ukowitz

In zwei aktuellen fluggastrechtlichen Entscheidungen hatte sich der EuGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Entdeckung eines versteckten Konstruktionsfehlers am Triebwerk eines Flugzeugs bzw einer neuartigen technischen Störung bei der Treibstoffanzeige unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr 261/2004 (EU-Fluggastrechteverordnung) fällt. Im einen Fall wurde das Luftfahrtunternehmen vom Hersteller des Triebwerks mehrere Monate vor dem betreffenden Flug über das Vorliegen eines derartigen Fehlers informiert; im anderen hat der Hersteller des Flugzeugs erst nach der Annullierung des Fluges anerkannt, dass die Störung durch einen versteckten Konstruktionsfehler verursacht wurde.
Zunächst stellt der Gerichtshof klar, dass technische Störungen nur dann außergewöhnliche Umstände bedeuten können, wenn diese ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind.

Mag. Georg Schwarzmann

In der Entscheidung vom 16.05.2024 zu C-405/23 setzt sich der EuGH in Auslegung der Verordnung (EG) Nr 261/2004 (EU-Fluggastrechteverordnung) mit der Frage auseinander, ob ein Personalmangel des Flughafenbetreibers, der zu Verzögerungen bei der Gepäckverladung führt und schlussendlich eine erhebliche Flugverspätung zur Folge hat, als außergewöhnlicher Umstand von der Verpflichtung zur Ausgleichsleistung befreit.

Von zentraler Bedeutung ist in diesem Kontext die vom EuGH in der ständigen Rechtsprechung geprägte Definition der außergewöhnlichen Umstände, wonach als solche Vorkommnisse anzusehen sind, die ihrer Natur und Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht beherrscht werden können.

Der Gerichtshof vertritt unter Verweis auf das Urteil in der Rechtssache C-308/21 bezüglich des Ausfalls des Betankungssystems die Auffassung, dass auch wenn die Gepäckverladung grundsätzlich dem normalen Flugbetrieb zuzurechnen ist geprüft werden muss, ob das zur Verzögerung führende Ereignis – gegenständlich der Personalmangel – untrennbar mit dem Betrieb des Flugzeugs verbunden ist.

In einem zweiten Schritt ist zu beurteilen, ob der zur Verspätung führende Umstand vom Luftfahrtunternehmen beherrscht werden konnte. Dabei ist nach Ansicht des EuGH im vorliegenden Fall insbesondere darauf abzustellen, ob das Luftfahrtunternehmen befugt ist, eine tatsächliche Kontrolle über den Flughafenbetreiber auszuüben.

Zuletzt hält der EuGH klarstellend fest, dass eine Haftungsbefreiung aufgrund außergewöhnlicher Umstände nur dann in Betracht kommt, wenn das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise zu prüfen, ob sich das Luftfahrtunternehmen kurzfristigen eines anderen Dienstleisters hätte bedienen können.

Auch wenn der Gerichtshof die finale Beurteilung in Bezug auf den konkreten Vorlagesachverhalt dem zuständigen nationalen Gericht überlässt, bringt das Urteil unmissverständlich zum Ausdruck, dass Personalmängel des Flughafenbetreibers grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand darstellen können.

Mag. Katja Androsch-Lugbauer

Mit der Frage, ob das Ausscheiden eines Unternehmers aus dem Vergabeverfahren auf Basis eines vorliegenden Abschlussberichts des Bundesamts für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zulässig sei, setzte sich der VwGH in der vorliegenden Entscheidung VwGH Ro 2020/04/0019-6 vom 14. November 2023 auseinander.
Die mitbeteiligte Partei führte als öffentliche Sektorenauftraggeberin ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages betreffend die Auswechslung von Wasserrohren in einem näher genannten Bereich öffentlicher Straßen in Wien nach dem Billigstbieterprinzip durch.
Das Angebot der Revisionswerberin wurde mit Ausscheidensentscheidung vom 13. Dezember 2019 ausgeschieden. Dies wurde damit begründet, dass die Revisionswerberin etwa durch den systemischen Einsatz anderer Unternehmen zur Legung von abgesprochenen Schein- bzw Deckungsangeboten eine schwere berufliche Verfehlung zulasten der mitbeteiligten Partei begangen habe, wogegen die Revisionswerberin die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung mit der Argumentation, dass das bloße Vorliegen eines Abschlussberichts keine ausreichende Grundlage zum Ausschluss eines Bieters sei, beantrage. Weiters führte die Revisionswerberin aus, dass Maßnahmen zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit gesetzt wurden.
Das Verwaltungsgericht Wien wies diesen Nachprüfungsantrag ab, ließ aber die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zur Rechtsfrage, wann das „betreffende Ereignis“ anzusetzen sei, welches den Sektorenauftraggeber zum Ausschluss des betreffenden Unternehmens für einen Zeitraum von höchstens 3 Jahren gem § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG 2018 berechtige, zu. Das Vorliegen eines Ausschlussgrundes iSd § 249 Abs 2 Z 4 BVergG 2018 wurde in der Revision nicht mehr bestritten.
 

Mag. Julia Steier

Der Tod eines geliebten Menschen ist ohne Zweifel ein traumatisches Ereignis, das tiefe emotionale Erschütterungen und Leiden bei den Hinterbliebenen verursachen kann. Die Rechtsprechung unterscheidet hierbei zwischen Schockschäden mit Krankheitswert, wie beispielsweise Depressionen, und Trauerschmerzen ohne Krankheitswert. Ein Schockschaden liegt demnach vor, wenn eine Person durch das Miterleben eines Unfalls eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert erleidet. Die Ersatzfähigkeit eines Schockschadens setzt grundsätzlich voraus, dass der psychisch Beeinträchtigte ein naher Angehöriger des Getöteten oder Schwerstverletzten ist. Als nahe Angehörige gelten etwa der Ehepartner und Lebensgefährte, die Kinder und die Eltern. Der OGH anerkannte in seiner bisherigen Rechtsprechung den Schockschaden aber auch dann, wenn der Geschädigte zwar mit dem Opfer in keiner Nahebeziehung stand, jedoch ganz unmittelbar in das Unfallgeschehen involviert war.

In der vorliegenden Entscheidung 2 Ob 208/23m vom 14.12.2023 befasst sich der OGH nun mit der Frage, ob der Kläger Anspruch auf den geltend gemachten Schockschaden hat, den dieser durch das unmittelbare Miterleben des Unfalltodes seines besten Freundes, mit dem ihn eine „beispiellose, äußerst innige und enge Beziehung“ verband, erlitten hat. Der Kläger befand sich im Jahr 2021 mit einer Gruppe von Freunden auf einer Mopedtour. Aufgrund eines plötzlich auftretenden technischen Problems musste die Gruppe einen Stopp einlegen, bei welchem ein PKW von der Fahrbahn abkam, ungebremst in die Menge fuhr und dabei zwei Personen – darunter der beste Freund des Klägers – getötet wurden. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kollision etwa 50 Meter von der Unfallstelle entfernt, beobachtete jedoch den gesamten Unfallhergang und leistete unmittelbar danach erste Hilfe.

Mag. Thomas Ukowitz 

Mit einer der jüngsten fluggastrechtlichen Entscheidungen schiebt der EuGH einer allzu passagierfreundlichen Auslegung der Verordnung (EG) Nr 261/2004 (EU-Fluggastrechteverordnung) einen Riegel vor und trifft wegweisende Klarstellungen zum Ausgleichsanspruch in Folge einer Flugverspätung.

Die Entscheidung fußt darauf, dass ein Fluggast vom ausführenden Luftfahrtunternehmen darüber informiert wurde, dass sein Flug erheblich verspätet sein wird. Aufgrund dessen befürchtete der Fluggast, einen Geschäftstermin zu verpassen. Der Fluggast buchte daraufhin selbst einen Ersatzflug, um den Termin wahrzunehmen. Dank dieses Ersatzflugs erreichte er sein Ziel schließlich mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden. 

Ausgehend davon wandte sich der deutsche Bundesgerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mit der Frage an den EuGH, ob Fluggästen in derartigen Konstellationen ein Ausgleichsanspruch wegen Verspätung zusteht.

Der Gerichtshof stellte zunächst klar, dass Fluggäste nicht nur bei Annullierung eines Fluges, sondern auch dann, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch geltend machen können. Dies vor dem Hintergrund, dass die Fluggäste in beiden Fällen einen Schaden erleiden, der in einem irreversiblen Zeitverlust besteht und der nur durch eine Ausgleichszahlung ersetzt werden kann.

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