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Mag.a Julia Steier
In der Vergangenheit sorgten zahlreiche Vorfälle mit Hunden, insbesondere tödliche Bissattacken, immer wieder für Schlagzeilen und Diskussionen über die Pflichten von Hundehaltern. Diese Vorfälle haben in der Gesellschaft und vor allem bei zahlreichen Hundehaltern das Bewusstsein geschärft. Doch muss ein Hund immer an der Leine geführt werden? Gerade auf Geh- und Radwegen im städtischen Bereich, wo Fußgänger, Radfahrer und Hundehalter auf engem Raum zusammenkommen, ist die Unsicherheit groß.
Auch der OGH beschäftigte sich jüngst mit dieser Frage und stellte in seinem Urteil vom 25.07.2024 zu 2 Ob 119/24z klar, dass es durchaus Situationen gibt, in denen eine Leinenpflicht nicht zwingend erforderlich ist – vorausgesetzt, der Hund ist gut erzogen und gehorcht auf Kommando.
Darf der Hund ohne Leine laufen?
Der OGH hat bereits in der Vergangenheit ausgesprochen, dass der Halter eines Hundes haftbar ist, wenn eine ortspolizeiliche Verordnung eine Leinenpflicht vorschreibt, der Hund dennoch frei läuft und dadurch etwa einen Radfahrer zu Fall bringt. Zwar kann das Anleinen des Hundes auch ohne eine entsprechende Verordnung der Gemeinde geboten sein, jedoch dürfen die Anforderungen an den Tierhalter nicht überspannt werden. Gemäß § 1320 Abs 1 ABGB haben Tierhalter dafür zu sorgen, dass ihr Hund keine Gefahr für andere darstellt. Der OGH hat in diesem Zusammenhang bereits klargestellt, dass die Aufsicht über einen Hund, insbesondere bei Spaziergängen im freien Gelände, nicht zwangsläufig bedeutet, ihn an der Leine zu führen. Es reicht aus, wenn die Aufsichtsperson den Hund, sofern er zuverlässig auf Befehle hört, ständig im Blick behält und ihn durch Zuruf kontrolliert (sogenannte „virtuelle Leine“). Die Art und Weise, wie ein Tier gehalten oder überwacht werden muss, hängt jedoch stets von den spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls ab.
Mag. Thomas Ukowitz
Am 16.04.2024 wurde die Novelle des Wiener Baumschutzgesetzes kundgemacht. Ziel der Novelle ist eine Nachschärfung der Treffsicherheit des Gesetzes vor allem im Sinne des Klimaschutzes. Die wesentlichen Neuerungen sind:
In Form einer taxativen Aufzählung wird nunmehr klargestellt, was unter „Obstbäumen“ zu verstehen ist (§ 1 Abs 2 Z 3). Nicht gelistet und somit geschützt sind ua der schwarze Holunder und der Maulbeerbaum.
Bewilligungen werden nur mehr befristet erteilt. Wird die bewilligte Baumentfernung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides durchgeführt, erlischt die erteilte Bewilligung (§ 5 Abs 6). Dadurch soll der bisher gängigen Praxis, sich Baumentfernungen auf Vorrat bewilligen zu lassen, ein Riegel vorgeschoben werden.
Durch mehrere Maßnahmen soll die Effektivität von Ersatzpflanzungen erhöht werden. Fortan sind größere Ersatzbäume – im Regelfall ein mittel- bis großkroniger Ersatzbaum mit einem Stammumfang von 16 - 18 cm, anstatt eines Ersatzbaumes mit bloß 8 - 15 cm Stammumfang – zu pflanzen (§ 6 Abs 2). Der Radius für mögliche Ersatzpflanzungen wird überdies auf den gesamten Bezirk erweitert (§ 6 Abs 3). Zudem können begleitende Maßnahmen vorgeschrieben werden (§ 6 Abs 4).
Der Einheitssatz, nach dem sich die Ausgleichsabgabe berechnet, ist auf EURO 5.000,00 erhöht worden (§ 9 Abs 3). Im Vergleich zu bisher bedeutet dies nahezu eine Verfünffachung.
Die Stoßrichtung der Novelle spiegelt sich nicht zuletzt auch in der Erhöhung der Verwaltungsstrafen bei Verstößen und die Hemmung der Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung wider (§ 13).
Das novellierte Wiener Baumschutzgesetz ist (mit Ausnahme der Strafbestimmungen) rückwirkend mit 15.01.2024 in Kraft getreten ist. Seit Inkrafttreten der Novelle sind die neuen Bestimmungen auf anhängige Verfahren anzuwenden.
Zusammengefasst führt die Novelle einerseits zu empfindlichen Verschärfungen (größere Ersatzbäume, höhere Ausgleichsabgabe), andererseits schafft sie auch mehr Flexibilität bei den Ersatzpflanzungen. Willkommen ist auch die nun klare Obstbaumdefinition, die bisherige Unklarheiten ausräumt.
Mag. Georg Schwarzmann
Zum wiederholten Mal hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit der geplanten dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat zu befassen. Diesmal stand die beantragte und von der Behörde genehmigte Verlängerung der Umsetzungsfristen zur Diskussion.
Nach § 17 Abs 6 UVP-G kommt der Behörde die Befugnis zu, die Genehmigung des UVP-pflichtigen Vorhabens mit einer Umsetzungsfrist zu verknüpfen. Eine solche ist insbesondere dann zu verfügen, wenn das Zuwarten mit der Projektverwirklichung oder eine unverhältnismäßig lange Bauphase im Licht der Zielsetzungen des Gesetzes als nachteilig zu beurteilen wäre. Ebenfalls in § 17 Abs 6 UVP-G wird normiert, dass wichtige Gründe eine Verlängerung der gesetzten Frist erlauben.
Nachdem die im Rahmen der Bewilligung festgesetzten Fristen – gestaffelt nach der jeweiligen Ausbaustufe – am 31.12.2023, 2024 und 2029 geendet hätten, wurde vom Konsensinhaber rechtzeitig ein Antrag auf Verlängerung dieser Fristen eingebracht. Begründend wurde die geänderte Situation im Luftverkehr aufgrund der COVID-Pandemie aber auch die lange gerichtliche Verfahrensdauer ins Treffen geführt.
Die von der Behörde daraufhin gewährte Erstreckung der Umsetzungsfristen um 9,5 Jahre wurde vom BVwG als überschießend beurteilt. Aufgrund der festgestellten Umsetzungsdauer von 6,25 Jahren, ist nach Ansicht des BVwG eine Fristerstreckung um 6,5 Jahre angemessen. Die mit der COVID-Pandemie einhergehenden Entwicklungen stellen demnach einen wichtigen Grund im Sinne des UVP-G dar, der eine Fristerstreckung rechtfertigt.
Sofern die Beschwerdeführer argumentierten, dass die Genehmigung auf Vorrat eingeholt worden und eine fristgerechte Umsetzung niemals geplant gewesen sei, führt das BVwG aus, dass der Problematik der Bevorratung mittels objektiver Kriterien begegnet wird. Eine Verlängerung der Umsetzungsfristen kommt demnach nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Wenn die Beschwerdeführer weiter vorbringen, dass das Vorhaben nicht mehr genehmigungsfähig sei, da die öffentlichen Interessen an der Nichtdurchführung des Vorhabens überwiegen würden, verweist das Gericht auf die ursprünglich erteilte Genehmigung. Eine nochmalige vollständige Prüfung und Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Fristverlängerungsverfahren nach § 17 Abs 6 UVP-G, lasse sich aus der Judikatur des VwGH nicht ableiten.
Das BVwG hat die Erhebung einer Revision aufgrund fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einzelnen Rechtsfragen ausdrücklich zugelassen, sodass von einer Befassung des Gerichtshofs auszugehen ist.
(BVwG 08.05.2024, W109 2274852-1/53E)
Mag. Katharina Kuenburg
Der OGH hat sich mittlerweile in zahlreichen Individual- und Verbandsprozessen mit der Klauselkontrolle bei Wohnungsmietverträgen befasst.
Im Verbandsprozess zu GZ 8Ob6/24a vom 22.03.2024 wurde unter anderem eine AGB-Klausel für Wohnungsmietverträge im MRG-Teilanwendungsbereich, wonach der Mieter zur Reparatur und Rückstellung von Elektrogeräten wie E-Herd, Geschirrspüler und Kühlschrank in funktionsfähigem Zustand verpflichtet wurde, als unwirksam qualifiziert.
In seiner Entscheidung hat der OGH eine generelle Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, ohne dafür ein entsprechendes Äquivalent zu gewähren, als sachlich nicht gerechtfertigte Abweichung vom dispositiven Recht (§ 1096 ABGB, §§ 3 und 8 MRG) gewertet und als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und daher nichtig angesehen.
Es gibt zwar durchaus Rechtsprechung, wonach eine teilweise Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter zulässig ist, solange nicht der Kernbereich der Erhaltungspflichten des Vermieters betroffen oder die Gesundheit gefährdet ist, aber auch hier gilt der Grundsatz, dass jedes Abweichen von dispositivem Recht im Rahmen der Prüfung nach § 879 Abs 3 ABGB einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.
Sohin ist auch eine teilweise Überwälzung der Erhaltungspflicht auf den Mieter im MRG-Teilanwendungsbereich gemäß § 879 Abs 3 ABGB wegen gröblicher Benachteiligung unwirksam, wenn eine sachliche Rechtfertigung (etwa durch Anrechnung auf den Mietzins) fehlt.
Mag.ᵃ Domnica Zamfirescu
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 9. April 2024 in einem bahnbrechenden Urteil zugunsten des Vereins "KlimaSeniorinnen Schweiz" entschieden. Zum ersten Mal erkannte das Gericht den Klimawandel als Menschenrechtsproblem an. Beachtlich war auch die positive Entscheidung der Zulässigkeit der Vereinsklage. Zwei weitere Klimaklagen gegen Frankreich und mehrere europäische Staaten wurden jedoch als unzulässig zurückgewiesen.
Vier ältere Frauen und der Verein „KlimaSeniorinnen Schweiz“ klagten gegen die Schweiz. Sie argumentierten, dass die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Schweiz ihre Grundrechte auf Leben (Art 2 EMRK) und Privatleben (Art 8 EMRK) gefährden. Aufgrund der Erderwärmung fühlten sich die Klägerinnen in ihrer Gesundheit und ihren Lebensbedingungen bedroht. Weiters machten sie eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art 6 und Art 13 EMRK) geltend.
Das Gericht erkannte, dass der Schutz vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels in den Aufgabenbereich der Staaten fällt. Staaten müssen Regelungen erlassen und umsetzen, um den Klimawandel zu mindern und die Rechte ihrer Bürger zu schützen (Zielzeitplan für Klimaneutralität und CO2-Budget, Treibhausgasreduktionsziele, Einhaltung der Ziele, Zugang zu Informationen und Rechtschutz). Die Schweiz sei diesen Verpflichtungen nicht ausreichend nachgekommen und habe daher ihren Ermessensspielraum überschritten. Das Urteil betonte auch die Bedeutung des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Schweizer Gerichte hätten sich nicht ernsthaft mit der Klage des Vereins befasst und damit das Recht auf Zugang zu einem Gericht verletzt.
Nach Art 46 EMRK bindet das EGMR-Urteil die beklagte Schweiz, welche die Verletzung einzustellen hat und notwendige Maßnahmen setzen muss, wobei ihr dafür ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wurde. Weiters konkretisiert der EGMR mit seinem Urteil in allgemeiner Geltung den Gehalt der EMRK-Grundrechte, die in Österreich im Verfassungsrang stehen - insbesondere des Rechtes auf Privatleben sowie des Rechtes auf ein faires Verfahren. Die EMRK ist außerdem die wesentliche Grundlage für die Auslegung der EU-Grundrechtecharta und bindet auch den Unionsgesetzgeber (vgl Art 52 Abs 3 GRC).
Mag. Thomas Ukowitz
In zwei aktuellen fluggastrechtlichen Entscheidungen hatte sich der EuGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Entdeckung eines versteckten Konstruktionsfehlers am Triebwerk eines Flugzeugs bzw einer neuartigen technischen Störung bei der Treibstoffanzeige unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr 261/2004 (EU-Fluggastrechteverordnung) fällt. Im einen Fall wurde das Luftfahrtunternehmen vom Hersteller des Triebwerks mehrere Monate vor dem betreffenden Flug über das Vorliegen eines derartigen Fehlers informiert; im anderen hat der Hersteller des Flugzeugs erst nach der Annullierung des Fluges anerkannt, dass die Störung durch einen versteckten Konstruktionsfehler verursacht wurde.
Zunächst stellt der Gerichtshof klar, dass technische Störungen nur dann außergewöhnliche Umstände bedeuten können, wenn diese ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat am 8. August 2024 das Erkenntnis des...
Der Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden VwGH) hat am 16. Juni 2024, Ra 2023/03/0140, eine...
Am 19.07.2024 wurde die Novelle des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) kundgemacht. Die wesentlichen Neuerungen...
In diesem Urteil setzte sich der EuGH mit der Auslegung der Richtlinie über Industrieemissionen...