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JP LEGAL UPDATE 12 | 2022 ZIVILRECHT

Kein direkter Regress zwischen Generalunternehmerin und Sub-Subunternehmerin

von Mag. Stefanie Oswald

In der Entscheidung 4 Ob 99/22w vom 30.06.2022 beurteilte der Oberste Gerichtshof (OGH), ob sich eine Generalunternehmerin direkt bei der Sub-Subunternehmerin regressieren kann. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Wohnungseigentümer einer Liegenschaft schlossen mit der Klägerin als Generalunternehmerin und Bauträgerin einen Werkvertrag über die Sanierung des Wohngebäudes. Die Klägerin gab die Bauausführung an ein anderes Bauunternehmen weiter (= Subunternehmerin), das sich ihrerseits weiterer Bauunternehmer, unter anderem der Beklagten (=Sub-Subunternehmerin), bediente. Die Beklagte führte ihre Werkleistungen mangelhaft aus, wodurch die Wohnungseigentümer Schäden erlitten. In einem Vorprozess machten die Wohnungseigentümer diese Schäden erfolgreich gegenüber der Generalunternehmerin geltend. Die Subunternehmerin trat ihre Ansprüche gegen die Sub-Subunternehmerin zur gerichtlichen Geltendmachung an die Generalunternehmerin ab. Die klagende Generalunternehmerin machte in dem gegenständlichen Verfahren Schadenersatzansprüche gegenüber der von der Subunternehmerin beauftragten Sub-Subunternehmerin wegen der mangelhaften Leistungen der Sub-Subunternehmerin geltend.

 

Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass es irrelevant sei, dass sie mit der Sub-Subunternehmerin in keinem direkten Vertragsverhältnis gestanden ist, weil der Regress im Wege der Erfüllungsgehilfenkette erfolgen könne. § 1313 zweiter Satz ABGB regelt den Regressanspruch wegen eines Verstoßes im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und seinem durch ein Vertragsverhältnis verbundenen Gehilfen. Darauf gestützt könnte man argumentieren, dass der Generalunternehmerin ein unmittelbarer Rückersatz gegenüber der Sub-Subunternehmerin zusteht, weil die Generalunternehmerin gegenüber den Wohnungseigentümern für die Fehlleistungen der Sub-Subunternehmerin haften musste. Gegenständlich gibt es aber kein Vertragsverhältnis zwischen der Generalunternehmerin und der Sub-Subunternehmerin. Die bisherige Rechtsprechung gewährte einen solchen "Sprungregress" in Ausnahmefällen ohne direktes Vertragsverhältnis, wenn eine Trennung der beiden Rechtsverhältnisse zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde. Der OGH beurteilte den gegenständlichen Fall allerdings als keinen vergleichbaren unbilligen und kam zum Ergebnis, dass § 1313 zweiter Satz ABGB keinen Regress der Generalunternehmerin gegen die Sub-Subunternehmerin trägt. Die Generalunternehmerin kann sich sohin nur bei ihrer direkten Vertragspartnerin, der Subunternehmerin, regressieren.

 

(OGH 30.06.2022, 4 Ob 99/22w)

 

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