Antragslegitimation von Standortgemeinden hinsichtlich der Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens

In Weiterentwicklung der Entscheidung des EuGH vom 16.4.2015, C-570/13, Gruber, und des darauf basierenden VwGH-Erkenntnisses vom 24.1.2017, Ro 2016/05/0011, zur Rechtsmittellegitimation und Parteistellung von Nachbarn in Zusammenhang mit Verwaltungsentscheidungen, die eine UVP-Pflicht verneinen, hat der Verwaltungsgerichtshof nunmehr über die Antragslegitimation von Standortgemeinden hinsichtlich der Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 abgesprochen.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der zitierten Bestimmung kommt lediglich dem Projektwerber, einer mitwirkenden Behörde und dem Umweltanwalt das Recht zu, die Feststellung zu beantragen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. In bereits eingeleiteten Feststellungsverfahren wird hingegen auch der Standortgemeinde Parteistellung eingeräumt.

Ungelöst war jedoch die Frage, welche Handlungsoptionen einer Standortgemeinde offen stehen, wenn für ein konkretes Vorhaben kein Feststellungsverfahren durchgeführt wird. Da in diesem Fall kein Verfahren gemäß § 3 Abs 7 UVP-G vorliegt, scheiden auch eine entsprechende Parteistellung und die damit verbundene Rechtsmittelbefugnis von Vornherein aus. Zudem steht der Beantragung eines solchen Verfahrens durch die Standortgemeinde – wie bereits dargestellt – der explizite Gesetzeswortlaut entgegen. Wie der EuGH in der Rechtssache Karoline Gruber zum Ausdruck brachte, ist der betroffenen Öffentlichkeit im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine Anfechtungsmöglichkeit von Verwaltungsentscheidungen, welche die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP verneinen, zu gewähren.

Um diesen europarechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, hat der Verwaltungsgerichtshof in der gegenständlichen Entscheidung ausgeführt, dass Standortgemeinden – sofern sie als betroffene Öffentlichkeit im Sinne des Art 1 Abs 2 der UVP-RL anzusehen sind – Parteistellung im jeweiligen materienrechtlichen Genehmigungsverfahren einzuräumen ist. In diesem Rahmen kann die Standortgemeinde das nach der UVP-RL bestehende Mitspracherecht ausüben und vorbringen, dass für das konkrete Vorhaben die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Verglichen mit einer Ausweitung der Antragslegitimation entgegen dem Wortlaut des § 3 Abs 7 UVP-G, stellt dies einen geringeren Eingriff in nationale Normen dar und ermöglicht dennoch die Einhaltung unionsrechtlicher Vorgaben.   

(VwGH 01.10.2018, Ra 2016/04/0141)