BVwG bestätigt Vorgehen der Behörden aus kompetenzrechtlicher Sicht im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren der S34 Traisental Schnellstraße

Im gegenständlichen Verfahren wurde das BVwG unter anderem mit der Frage konfrontiert, ob ein Projekt das vermeintlich als einheitliches Vorhaben Teilvorhaben nach dem 2. und dem 3. Abschnitt des UVP-G umfasst in einem gemeinsamen Verfahren durchzuführen ist. Außerdem befasste es sich mit den Kompetenztatbeständen des teilkonzentrierten UVP-Genehmigungsverfahrens nach dem 3. Abschnitt des UVP-G.

 

Das BVwG ergänzte den angefochtenen Bescheid um eine Auflage. Alle übrigen Anträge und Beschwerden wurden abgewiesen.

Das Genehmigungsverfahren des Projektes „S34 Traisental Schnellstraße St.Pölten/Hafing (B1) – Knoten St.Pölten/West (A1) – Wilhelmsburg Nord (B20)“ wurde in einem teilkonzentrierten Verfahren nach dem 3. Abschnitt des UVP-G durchgeführt. Das Vorhaben umfasst den, in den Vollzugsbereich des Bundes fallenden Vorhabensbestandteil „Bundesstraßenbauvorhaben S 34“ und das „Landesstraßenbauvorhaben Verlegung/Umbau der Landesstraßen B 1 - Wiener Straße, L 5154, B 39 - Pielachtal Straße, L 5181- Spange Wörth und B 20 - Mariazeller Straße“. Für die nach dem 3. Abschnitt des UVP-G vom Bund zu vollziehenden Genehmigungsbestimmungen wurde dem Projekt mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) am 21.10.2019 die Genehmigung erteilt. Im Beschwerdeverfahren änderte das BVwG den Bescheid zu Teilen und wies übrige Beschwerden ab. Eine Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Gegenstand des aktuellen Verfahrens war der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12.03.2021, zur Genehmigung des Vorhabens nach den in die Zuständigkeit der Länder fallenden Vorschriften.

Die Umweltorganisation VIRUS brachte als Beschwerdeführerin vor, dass das gegenständliche Vorhaben S34 und das ebenfalls UVP-pflichtige Straßenbauprojekt „Spange Wörth“, welches mit Bescheid WST1-U-663/045-2019 vom 12.11.2019 durch die NÖ Landesregierung genehmigt wurde, in einem engen sachlichen und räumlichen Zusammenhang stünden und somit ein einheitliches Vorhaben darstellen. Es hätte daher ein einzelnes gemeinsames UVP-Verfahren über beide Teile geführt werden müssen. Der für die „Spange Wörth“ ergangene Genehmigungsbescheid sei demnach in einem falschen Verfahren und von einer falschen Behörde ergangen und rechtswidrig. Weiters sei das gegenständliche Verfahren unvollständig, da es nicht für die Gesamtheit des Projektes beantragt und geführt wurde.

Das BVwG führt dazu aus, dass das Landesstraßenbauvorhaben „Spange Wörth“ gemäß Anhang 1 Z9 lit g UVP-G 2000 nach dem 2. Abschnitt des UVP-G genehmigungspflichtig ist. Bei dem gegenständlichen Bundesstraßenvorhaben handelt es sich jedoch um ein nach dem 3. Abschnitt UVP-pflichtiges Vorhaben. Die UVP-Pflichten der beiden Projekte basieren auf unterschiedlichen Kompetenztatbeständen des UVP-G. Es ist damit wie gefordert rechtmäßig ein separates UVP-Genehmigungsverfahren für das Projekt „Spange Wörth“ durchgeführt worden. Eine unzulässige Stückelung liegt nicht vor.

Zum Vorbringen, das im gegenständlichen teilkonzentrierten Verfahren durch Bescheid der Landesregierung genehmigte Landesstraßenvorhaben hätte im Vollzugsbereich des Bundes behandelt werden müssen, stellt das BVwG Folgendes fest. Das beantragte Landesstraßenvorhaben umfasst konkret die Errichtung von Verkehrslichtsignalanlagen sowie Abbiegestreifen an der B2 Wiener Straße, die Errichtung einer Brücke der B39 sowie Überführungen der L5154 und L5181 über die S34 und die Errichtung eines Kreisverkehres an der B20 zur Anbindung der S34 an das untergeordnete Straßennetz. Es handelt sich um ein Landesstraßenvorhaben. Als solches kann es, wenn es selbst keiner UVP-Pflicht unterliegt aber in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang mit einem Projekt nach dem 3. Abschnitt des UVP-G steht, in einem einheitlichen Verfahren behandelt werden. Dies ist durch Beitritt des Landes Niederösterreich, welches dazu ausschließlich antragsberechtigt ist, bezüglich der Landesstraßenanknüpfung im gegenständlichen Verfahren geschehen. Aus der Einbindung in das Verfahren folgt jedoch nicht, dass das Vorhaben im Vollzugsbereich des Bundes zu behandeln ist. Während Bundesstraßen im teilkonzentrierten Verfahren die BMK im Vollzugsbereich des Bundes zu genehmigen hat, sind Landesstraßen, auch wenn sie Anknüpfungen an Bundesstraßen darstellen, im Vollzugsbereich des Landes angesiedelt und daher im teilkonzentrierten Verfahren von der Landesregierung zu genehmigen. Auch diesbezüglich war das Vorgehen der Behörden also rechtmäßig.

Abgesehen davon hatte sich das BVwG im Verfahren mit Auswirkungen des Projektes auf Fledermäuse, Feldhamster, Turteltaube und Wachtelkönig sowie auf das Landschaftsbild und den Wasserhaushalt zu befassen. Dabei folgte es in seiner Beweiswürdigung den im Verfahren vorgelegten Sachverständigengutachten und erachtete die geplanten Vorgangsweisen als ausreichend, um negative Auswirkungen auf die Umwelt hintanzuhalten und die eingebrachten Einwendungen als größtenteils unzutreffend beziehungsweise irrelevant.

Den artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand des §18 Abs 4 Z3 NÖ NSchG sieht es als nicht erfüllt an, da es im Zuge des Projektes weder in der Bau- noch Betriebsphase zu absichtlichen Tötungen und Verletzungen von Individuen kommt. Bezüglich des am ehesten gefährdeten Feldhamsters sieht das BVwG es als ausreichend an, dass vor Eingriffen in jene Bereiche, in welchen Feldhamstervorkommen zu erwarten sind eine fachgerechte Kartierung von Feldhamsterbauten in diesen Gebieten vorgenommen wird. Bei Antreffen eines Baues dürfen die geplanten Bauarbeiten in diesem Abschnitt erst nach Vorlage eines Maßnahmenkonzeptes zur Vermeidung von erheblichen Auswirkungen auf den Feldhamster an die Naturschutzbehörde und Genehmigung durch diese, durchgeführt werden. Diese Maßnahme ist nach Ansicht des BVwG geeignet, artenschutzrechtliche Verbotstatbestände der Tötung von Individuen und der Störung der Art in ihrem Verbreitungsgebiet zu vermeiden und macht eine Genehmigung nach dem NÖ NSchG möglich.

Lediglich bezüglich der Umsiedlung von Urzeitkrebsen ergänzte das BVwG den Bescheid um die Auflage, dass ein diesbezügliches Detailkonzept vorzulegen ist. Das behauptete Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebiets beziehungsweise potenziellen FFH-Gebiets im Bereich des GÜPL Völtendorf verneinte es ebenfalls.

BVwG 04.10.2022, W102 22425101/82E, S34 Traisental Schnellstraße St. Pölten/Hafing (B1) – Knoten St. Pölten/West (A1) – Wilhelmsburg Nord (B20)

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