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Öffentliche Auftraggeber zwischen Geheimhaltung und Transparenz

von Mag. Nadia Kuzmanov

Transparenz im Beschaffungswesen gilt als eines der wichtigsten Instrumente zur Bekämpfung von Korruption. Um Sachspenden bzw die verdeckte Finanzierung von Parteien (Stichwort „Beinschab -Tool“) zu verhindern hat der Gesetzgeber mit Art 20 Abs 5 B-VG eine neue Veröffentlichungspflicht festgelegt. Demnach sind sämtliche ab dem 1.1.2023 durch staatliche Verwaltungsorgane beauftragte Studien, Umfragen und Gutachten samt den diesbezüglichen Kosten zu veröffentlichen, solange und soweit deren Geheimhaltung iSd Amtsverschwiegenheit nicht geboten ist. Die Regelung wirft viele Fragen auf und ist ua mangels konkreter Ausführungsbestimmungen auslegungsbedürftig.

Die verfassungsgesetzliche Verpflichtung trifft alle – jeweils beauftragenden - Verwaltungsorgane im funktionellen Sinn und umfasst neben Hoheits- idR auch die Privatwirtschaftsverwaltung sowie die mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung betrauten ausgegliederten Rechtsträger. Die Organe der sonstigen Selbstverwaltung unterliegen dieser Veröffentlichungspflicht nur soweit sie im übertragenen Wirkungsbereich fungieren, im eigenen weisungsfreien Wirkungsbereich gilt sie nicht.

Obwohl der Abänderungsantrag eine nicht abschließende Aufzählung weiterer zu veröffentlichenden Werke wie Leitbilder, Konzepte, Publikationen, Werbebroschüren enthält, wurden nur Studien, Gutachten und Umfragen in die gesetzliche Bestimmung aufgenommen. Andere Werke sind daher nicht umfasst.

Die Begriffe Gutachten, Studie bzw Umfrage sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen. Ob im konkreten Fall von einem veröffentlichungspflichtigen Werk auszugehen ist, richtet sich vorwiegend nach seinem Inhalt und nicht nach der gewählten Bezeichnung.

 

Nach hA liegt ein veröffentlichungspflichtiges Werk erst nach Fertigstellung vor, relevant sind sohin ausschließlich Endfassungen (keine Entwürfe bzw Vorarbeiten).

Wesentlich ist auch, dass die geistigen Leistungen durch externe Dritte idR aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages erbracht wurden. Die Einschränkung auf Beauftragungen schließt einerseits verwaltungsinterne Leistungen, andererseits Gutachten von Sachverständigen, die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens durch Bescheid bestellt wurden, aus. Die Durchführung eines Vergabeverfahrens wird allerdings nicht gefordert.

Zu veröffentlichen sind weiters die (Gesamt-)Kosten für die Erstellung der Studie, des Gutachtens oder der Umfrage. Darunter sind die getätigten Ausgaben für das Werk samt USt zu verstehen. Der verwaltungsinterne Aufwand (bspw für ein allfälliges Vergabeverfahren) bleibt unberücksichtigt.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung besteht nur wenn die Geheimhaltung nicht aufgrund der Amtsverschwiegenheit gem Art 20 Abs 3 B-VG geboten ist. Diese kann zum Schutz der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und zur Vorbereitung einer Entscheidung sowie im überwiegenden Interesse der Parteien erforderlich sein. Demnach können eigene und fremde wirtschaftliche Interessen bzw überwiegende sonstige Interessen von Parteien im weitesten Sinn wie bspw Datenschutz, Urheberrechten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einer Veröffentlichung von Studien, Umfragen und Gutachten entgegenstehen.

Aus der gesetzlichen Formulierung „solange und soweit“ ergibt sich, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung zeitlich begrenzt sein kann bzw nur Teile der grds veröffentlichungspflichtigen Werke betreffen kann. Daher kann eine erst nach Wegfall der Geheimhaltungspflicht erfolgende Veröffentlichung begründet werden bzw die diesbezügliche Verwendung geschwärzter Fassungen.

Der Gesetzgeber hat keine bestimmte Form für die Veröffentlichung vorgesehen. Ausschlaggebend ist, dass die Art und Weise der Veröffentlichung den Zugang für jedermann gewährleistet, wie bspw über die Internetseite des Organs wobei allgemein gebräuchliche Formate zu verwenden sind. Auch die Hinterlegung der Werke zur öffentlichen Einsichtnahme ist denkbar.

Unklar ist, in welchem Zeitraum die Veröffentlichung stattfinden soll, damit die gesetzliche Verpflichtung erfüllt ist bzw wie lange der Zugriff auf das Werk und die Kostenangaben gewährt werden muss. Es liegt auf der Hand, dass die Veröffentlichung erst dann möglich ist, wenn das Werk fertiggestellt und übergeben wurde und die diesbezüglichen Kosten feststehen. Der Eintritt der Veröffentlichungsverpflichtung kann daher nur im Einzelfall beurteilt werden.

Aus vergaberechtlicher Sicht kann festgehalten werden, dass die neue Veröffentlichungspflicht grds auch Rechtsgutachten im Rahmen bzw zur Vorbereitung von Beschaffungsprozessen umfasst. Diese Werke werden allerdings vielfach aufgrund der Amtsverschwiegenheit ausgenommen sein. Es ist jedenfalls zu empfehlen diesbezügliche Prüfungen im Zuge der Vergabedokumentation standardmäßig vorzusehen.

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